19 Feb. 2018

Der Spielbetrieb ist in Gefahr

 

Schiedsrichter-Chef Hansi Krieg schlägt Alarm, sagt aber auch, warum es attraktiv ist, Fußball-Schiedsrichter zu werden

Quelle:Rhein-Neckar-Zeitung vom Samstag 17.02.2018 Von Wolfgang Brück

Heidelberg. Hans-Dieter Krieg schlägt Alarm. „Wenn die Entwicklung so weitergeht“, warnt der Chef der Heidelberger Schiedsrichter, „werden wir künftig Spiele in den unteren Klassen und bei der Jugend nicht mehr besetzen können.“ Manchen Zuschauern und auch manchen Spielern sei nicht bewusst, auf welch dünnem Eis sie sich bewegen. „Wer seinen Aggressionen freien Lauf lässt und uns als Blitzableiter benutzt, riskiert, dass Schiedsrichter ihr Ehrenamt niederlegen“, mahnt der 48-jährige Druckermeister aus Leimen.

Andererseits, gerade für junge Menschen gibt es gute Argumente, Schiedsrichter zu werden. Vor dem neuen Anfängerkurs, der am 3. März bei „Anpfiff ins Leben“ in Walldorf beginnt und an vier Samstagen jeweils von 10 bis 16 Uhr stattfindet, spricht Hansi Krieg über den Schiedsrichter-Notstand, der den Fußball bedroht, erzählt aber auch von den schönen Seiten des Hobbys.

Wer Interesse hat: Anfragen und Anmeldungen können an hansdieter.krieg@fussball-hd.de oder den Lehrwart Christopher Funk (christopher.funk@fussball-hd.de) gerichtet werden. Das Angebot richtet sich an Jugendliche ab zwölf Jahren, aber auch Menschen im mittleren Alter dürfen sich melden.

  • Hans-Dieter Krieg, Sie wurden mit 15 Schiedsrichter, haben mit 17 schon in der Landesliga gepfiffen und später sechs Jahre lang Oberliga-Spiele geleitet. Nicht zuletzt haben Sie durch Ihr Hobby Freunde fürs Leben gewonnen. Das hört sich alles gut an. Weshalb suchen Sie trotzdem händeringend neue Schiedsrichter?

Weil ältere Kollegen, die manchmal zwei, drei Spiele am Wochenende pfeifen, in den Ruhestand gehen. Und zu wenige Junge nachrücken. Dabei gibt es viele gute Gründe, Schiedsrichter zu werden.

  •  Die Beschimpfungen gehören sicher nicht dazu.

Ist nicht schön, aber sollte zum einem Ohr rein und zum anderen raus gehen. Allerdings muss man wissen: Wer auf dem Fußballplatz seinen Aggressionen freien Lauf lässt und uns als Blitzableiter benutzt, riskiert, dass Schiedsrichter ihr Ehrenamt niederlegen. Und dann wird es schwierig mit dem Fußball.

  • Jetzt aber zu den schönen Seiten.

Es gibt viele: Man ist in der frischen Luft, man hat Bewegung. Die Persönlichkeit wird geschult, indem man lernt, Konfliktsituationen zu lösen und Entscheidungen zu treffen. Nicht zuletzt: Es gibt eine Aufwands-Entschädigung und Schiedsrichter haben freien Eintritt zu allen Spielen, auch in der Bundesliga.

  • Sie können von Blitzkarrieren berichten.

Stimmt. Der Kurs, den wir praxisnah, mit Videos, Rollenspielen und teilweise auf dem Sportplatz durchführen, geht über vier Samstage. Danach dürfen die Absolventen bereits Jugendspiele leiten. Betreut werden sie von erfahrenen Kollegen wie Maik Schneckenberger, Bernd Nonnenmacher, Werner Blum oder Rouven Ettner, um nur ein paar Namen zu nennen. Der 17-jährige Adrian Bartoschek, der für den SV Sandhausen pfeift, ist noch nicht mal zwei Jahre dabei und ist bereits in die Kreisliga aufgestiegen. Adrian hat in jeder Hinsicht davon profitiert, dass er Schiedsrichter wurde.

  • Würden Sie sich von den Vereinen mehr Unterstützung wünschen?

Ja. Es gibt Vereine, die wissen gar nicht, ob und wie viele Schiedsrichter sie haben. Gut wäre auch, wenn uns die Trainer unterstützen würden. Da gibt es einige, die stehen am Spielfeldrand und brüllen Unflätiges rein, andere wirken besänftigend. Das würden wir uns öfter wünschen.

  • Die Schiedsrichter sind eine verschworene Gemeinschaft.

Unbedingt. Die gemeinsamen Erlebnisse schweißen zusammen. Wir unternehmen viel miteinander, feiern Geburtstage, fahren sogar zusammen in Urlaub. Es entstehen Freundschaften. Ich kann sagen: Mein Leben wurde durch die Schiedsrichterei bereichert.

 

Schiedsrichter-Chef Hansi Krieg (links) wirbt um Nachwuchs. Adrian Bartoschek ist einer, der in nur kurze Zeit Karriere gemacht hat. Foto: vaf