bfv-Präsident zieht erste Corona-Zwischenbilanz: Abstand unter Fans größtes Problem
Karlsruhe. Seit knapp zwei Monaten rollt der Ball wieder im Badischen Fußballverband unter der Maßgabe eines Hygienekonzepts in jedem Verein. bfv-Präsident Ronny Zimmermann und viele Verbandsmitarbeiter*innen haben sich seither bei zahlreichen Spielen einen Eindruck verschafft.
Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus, Herr Zimmermann?
Total gemischt. Es gibt Vereine, die die das von uns erstellte, allgemeine Hygienekonzept mit ihren Behörden vor Ort auf die jeweilige Situation abgestimmt haben und es absolut vorbildlich umsetzen. Ich habe Vereine gesehen, die sich zumindest bemühen und es gibt leider welche, da sind kaum oder keine Vorkehrungen getroffen. Wobei die letztgenannte Gruppe nach unseren derzeitigen Einschätzungen die absolute Minderheit darstellt.
Was beobachten Sie und Ihre Kollegen besonders häufig?
Die Datenerfassung klappt in den meisten Fällen gut. Bei Essens- und Getränkeausgaben werden in der Regel die Abstände eingehalten. Auch viele Mannschaften achten auf den Abstand beim Einlaufen oder auf der Auswechselbank, wobei ich auch hier Optimierungsbedarf sehe. Denn darauf achten viele Menschen beim Sportplatzbesuch und ein positives, vorbildliches Verhalten spiegelt sich dann häufig in deren Verhalten wieder. Das größte Problem ist der Abstand zwischen den Zuschauern. Das ärgert mich wirklich! Die meisten Clubs geben sich unheimlich viel Mühe, weisen immer wieder darauf hin, hängen Plakate auf und machen Durchsagen. Und doch sind viele einfach unvernünftig und resistent. Ich verstehe, dass Vereine da auch mal resignieren. Denn im Grunde ist es ja total schön zu sehen, dass der Zuschauerzuspruch augenblicklich etwas höher ist. Aber wenn die Regeln nicht eingehalten werden, gefährden diese Leute die Saison. Daher hoffe ich sehr, dass auch hier schnellstmöglich Vernunft einkehrt, denn wenn der Spielbetrieb wieder eingestellt werden müsste ist ja auch das Zuschauen wieder vorbei. Es gilt also nach wie vor, dass wir alle gemeinsam weiter daran arbeiten müssen, diese Krise zu überwinden. Alle – die Verantwortlichen bei den Vereinen und Verbänden, Spieler und Zuschauer – einfach alle!
Schreiten Sie bei solchen Gelegenheiten auch mal ein?
Wir als bfv sind grundsätzlich nicht für die Kontrolle zuständig, wir setzen auch hier auf das Verständnis und die Vernunft aller Beteiligten. Für besonders gravierende Fällen besteht aber durchaus die Möglichkeit eines Eingriffs. Aber natürlich nimmt man sich schon mal einen Vereinsverantwortlichen bei Seite und sagt: „Stell doch neben die Auswechselbank einfach bitte noch eine Bierbank oder tragt Masken.“ Die eigentliche Kontrolle obliegt den Ordnungsbehörden vor Ort.
Was raten Sie den Clubs?
Zunächst mal ist es wichtig, immer und immer wieder auf die Regeln hinzuweisen und auch zu verdeutlichen, wofür sie gut sind. Die Vereine sollten diese Themen im direkten Gespräch ansprechen und darüber hinaus alle verfügbaren Kanäle nutzen, wie Stadionmagazine oder Social Media zum Beispiel, um klar zu machen: Wenn ihr zum Spiel kommen wollt, dann bitte unter Beachtung der Regeln. Wenn das mit dem Abstand gar nicht klappt, kann letztlich auch eine Maskenpflicht ausgesprochen werden, der Verein als Veranstalter hat ja das Hausrecht inne. Als wichtig empfinde ich es aber auch, dass die Vereinsverantwortlichen stets mit gutem eigenen Vorbild vorneweg marschieren, das ist oftmals schon ausreichend. Wir wissen natürlich, dass all diese Dinge zur ursprünglichen Arbeit hinzukommen, aber das ist in diesen Zeiten leider unvermeidlich. Schade ist es natürlich auch, dass die Bemühungen unserer Clubs durch schlechte Vorbilder aus höheren Ligen oder anderen Veranstaltungen erschwert werden. Wie immer aber gilt aufgeben nicht!
Wissen Sie von Fällen, in denen das Gesundheits- oder Ordnungsamt Kontrollen durchgeführt hat?
Hautnah haben wir es bei unserem eigenen Finale im bfv-Rothaus-Pokal erlebt. Eine Mitarbeiterin vom Gesundheitsamt hat sich vor, während und nach dem Spiel alles ganz genau angesehen. Das war kein Problem, da wir mit dem Ausrichter TSG Hoffenheim ein lückenloses Hygienekonzept erstellt hatten, das im Vorfeld der Begegnung bereits mit den Behörden abgestimmt war – und im Übrigen auch von den Zuschauern super angenommen wurde. Wir haben aber auch schon von Vereinen gehört, bei denen sich Ämter gemeldet haben, weil die Vorgaben eben nicht ausreichend umgesetzt werden. Das gefährdet natürlich in hohem Maße den Verlauf der Saison, die ohnehin sehr dicht ist. Ganz zu schweigen von dem Infektionsrisiko für die Personen selbst und genau das müssen wir uns immer wieder vor Augen führen, es geht um die Gesundheit von unzähligen Menschen und in einzelnen Fällen letztlich auch um Leben oder Tod.
Stichwort Infektionen: Wie ist die Lage in Baden?
Wir haben in jeder Region im Verbandsgebiet eine Koordinierungsstelle eingerichtet und ein Online-Meldeformular auf der Homepage. Nach den ersten Wochen kann man sagen: die Kollegen haben schon gut zu tun – und die Tendenz ist auch hier steigend. Nach aktuellem Stand wissen wir von 27 Infektionen, 24 Spiele mussten deshalb oder vorsorglich wegen einem dringenden Verdacht verschoben werden. Für den Fall, dass sich die Lage weiter verschärft, bereiten wir grade einen Ausbau der Koordinierungsstellen vor, um dann auch für diesen Fall gewappnet zu sein.
Ist die Saison in Gefahr?
Die aktuelle Situation ist noch handlebar, es bleibt aber ein „Tanz auf der Rasierklinge“. Denn ewig Spielraum haben wir natürlich nicht. Wenn es nun in den Herbst und Winter geht, müssen wir ohnehin schon auf gutes Wetter hoffen. Generell haben wir uns angewöhnt, nur noch von Woche zu Woche zu denken, daher ist jedes gespielte Wochenende erstmal klasse.
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